Weltreise 2008 + Südamerika 2019

Es ist schon erstaunlich, wie sich die Welt bei einem kleinen Grenzübergang verändern kann. Vietnam wirkt auf uns völlig anders als Kambodscha, was seine Gründe in dem hier noch vorherrschenden sozialistischen System haben mag. Das Land erscheint sauberer, aufgeräumter und wohlhabender als Kambodscha. Es gibt Mülltonnen, eine offenbar halbwegs funktionierende Mühlabfuhr und ordentliche, aus Stein gebaute, meist hübsch in Pastellfarben gestrichene Häuschen. Dafür findet man nicht so viele Protzpaläste der Reichen des Landes.

Auf den Straßen wuseln Abertausende von Mopedfahrern umeinander herum. Autos generell, insbesondere dicke Schlitten, wie sie gerne in Kambodscha gefahren werden, sind hingegen selten. Da beide Länder fast das gleiche Prokopfeinkommen aufweisen, lässt dies nur den Schluss zu, dass das Einkommen in Vietnam gleicher verteilt ist, während sich in Kambodscha die Schere immer weiter öffnet. Leider haben wir aber auch den Eindruck, dass die bei unserem letzten Besuch Vietnams im Jahre 1995 noch überall im Land blühende Privatinitiative zwischenzeitlich kräftig unterdrückt worden ist. Offenbar hat sich der Staat viele kleinere, erfolgreiche Unternehmen (Hotels, Reiseagenturen etc.) einverleibt.

Das Land wirkt auf uns heute wesentlich sozialistischer. Für die Leute bedeutet das : es bleibt beim recht geringen Einheitslohn; Anstrengungen, Eigeninitiative und Erfindungsreichtum – Eigenschaften, die uns bei unserem ersten Besuch hier noch faszinierten - lohnen sich nicht so recht. Im Ergebnis haben wir uns als Reisende in Kambodscha besser betreut gefühlt als in Vietnam.  Dort sieht jeder den Tourismus noch als Chance an, sein eigenes Einkommen und seinen Lebensstandard zu verbessern. Hier wird man in Hotels und Reiseagenturen häufig mit äußerst lustlos wirkenden, teils sogar recht unfreundlichen Leuten konfrontiert (Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel).

Zudem scheinen die Vietnamesen das Lächeln ohnehin nicht unbedingt erfunden zu haben, jedenfalls merkt man einen deutlichen Mentalitätsunterschied, wenn man aus Kambodscha bzw. Thailand kommt, und wir können mittlerweile die Werbewirkung des thailändischen Slogans „Land des Lächelns“ durchaus nachvollziehen. Es ist einfach angenehm, wenn einen die Leute im Restaurant anlächeln, anstatt sauertöpfisch den Eindruck zu vermitteln, dass man eigentlich stört. Letzteres kann uns zwar auch in Berlin passieren, weshalb uns das rauere Verhalten der Vietnamesen bei unserem ersten Besuch gar nicht besonders aufgefallen ist. Nach den höflichen Neuseeländern und Australiern und den freundlich, herzlichen Thais und Kambodschanern missfällt einem jedoch das ruppigere Verhalten hier.

 

Gleichwohl, die kleine Grenzstadt Ha Tien war alles in allem eine angenehme Erfahrung. Sehr ursprünglich, wenig Touristen (mit uns 6), viel Grün auf der Straße und eine angenehme, ruhige und günstige Unterkunft. Mit Englisch kommt man in dieser eher abseits gelegenen Region allerdings nicht allzu weit und wir hatten Mühe, überhaupt eine für uns lesbare Speisekarte zu ergattern. Nach einer Übernachtung in Ha Tien ging es dann mittels einer sehr strapaziösen Minibustour (schlechter Fahrer, schlechte, voll gestopfte Straßen, kaum Platz im Bus, der überhaupt nicht dafür vorgesehen war, dass die Passagiere Gepäck mit sich führten, weshalb man uns zwang, eine Platzkarte nur für unser Gepäck zu kaufen) nach Can Tho, dem Zentrum des Mekongdeltas.

Dort war der nächste Stress angesagt, denn das von uns im Voraus gebuchte Hotel war trotz Reservierungszusage komplett belegt und die Suche nach einem akzeptablen Ausweichquartier entpuppte sich als schwierig, da – wie wir später herausfanden – gerade eine große Landwirtschaftsmesse in Can Tho stattfand.

 

Immerhin haben wir von dort eine sehr schöne Tour in einem privat gecharterten Miniboot über den Mekong und seine Seitenarme unternommen. Für einen Besuch der vielen Floating Markets waren wir zwar leider etwas spät an, da wir keine Lust auf den um 6.00 Uhr morgens einsetzenden Touristenauftrieb hatten. Wir sahen den Markt daher nur noch in Auflösung begriffen. Dafür ging es ruhig und relaxt zu, und es waren kaum noch andere Touristen zu sehen. Die Händler hatten ihre Geschäfte bereits gemacht und ließen uns in Ruhe. Zudem waren wir gar nicht so wild auf das Marktgeschehen, denn Märkte haben wir auf unserer Reise schon so viele gesehen. Viel interessanter war es da, das Treiben an den Ufern in Ruhe zu beobachten und sich durch die engen, grün bewachsenen Kanäle schippern zu lassen.

 

Von Can Tho ging es – diesmal in einem großen angenehmen Reisebus mit Beinfreiheit – weiter nach Saigon.  Auf der Fahrt hatten wir den Eindruck, überhaupt nicht aus dicht besiedeltem Gebiet heraus zu kommen. Vietnam hat eine Grundfläche, die ungefähr derjenigen Deutschlands entspricht, und ca. 84.000.000 Einwohner (mit deutlich steigender Tendenz), von denen ein Großteil im Mekongdelta und in der Umgebung von Hanoi wohnen. Der Verkehr auf den wenigen Straßen ist unbeschreiblich. Millionen von Motorradfahrern fahren ohne Beachtung von Fahrtrichtung, Ampeln oder sonstigen Verkehrszeichen und

-regeln in drei bis vier Reihen nebeneinander und nehmen dabei keinerlei Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer. Als Fußgänger ist es kaum möglich, die Straße zu überqueren, ohne dabei wie ein Hase gejagt zu werden. Es ist schon ein Wunder, dass bei dem ganzen Gewusel nicht mehr schlimme Unfälle passieren. Saigon hat den schlimmsten Straßenverkehr, den wir bisher erlebt haben (6 Millionen Einwohner und 4 Millionen Mopeds), weshalb wir wenn möglich auch für kürzeste Strecken ein Taxi benutzten. Alles andere war viel zu stressig.

 

Abgesehen vom Straßenverkehr hat sich Saigon, das uns in unseren Reiseführern als die boomende Wirtschaftsmetropole Asiens dargestellt wird, aber seit 1995 wesentlich weniger verändert, als wir erwarteten. Es wird aber wesentlich weniger gebettelt, was dafür spricht, dass es den Leuten wirtschaftlich besser geht. Insbesondere ist das 1995 noch weit verbreitete Betteln von Krüppeln oder mit Säuglingen bzw. von Kleinkindern deutlich weniger geworden.

 

Was trotz aller Widrigkeiten und Mühsale nach wie vor phantastisch ist, ist die ausgezeichnete vietnamesische Küche. Es wird zwar nicht so scharf gekocht, wie in Thailand, dafür benutzt man ganz viele frische Kräuter und auch die Vielfalt der Speisen ist ungeheuer. Neu entdeckt haben wir die sog. Hue-Küche, vor allem die knusprig gebratenen Reispfannkuchen mit verschiedenartigen Füllungen und die aromatischen Soßen. Als Relikt aus der französischen Kolonialzeit gibt es überall frisch gebackenes, luftiges Baguettebrot und leckere Kuchen. Auch der Kaffee, der in Vietnam angebaut wird, schmeckt sehr gut. Im Hochland um Da Lat wird sogar recht trinkbarer, einheimischer Wein angebaut.

 

Nach den Strapazen von Saigon ist jetzt ein wenig Erholung am südchinesischen Meer in Mui Ne angesagt. Hier gibt es einen über 7 Kilometer langen, mit Palmen gesäumten Strand, an dem 1995 nur ein Ferienresort stand. Heute sind es an die 100 und es wird unverdrossen weitergebaut. Wir haben uns etwas abseits, in einer netten kleinen Bungalowanlage untergebracht. Hier ist der Strand zwar nicht ganz so breit wie an anderen Stellen (die Erosion nagt aber insgesamt an diesem  Küstenabschnitt und es fragt sich, wie lange man hier noch Strandtage genießen kann), dafür geht es hier ruhig und relaxt zu.

 

Dienstag, 16. 12.2008

 

Das mit der Ruhe muss allerdings ein wenig relativiert werden, wir sind ja schließlich in Asien. Unsere Ferienanlage liegt direkt neben einem Fischerdorf und so können wir tagsüber voll Verzücken den Fischern bei ihrer Arbeit zusehen. Benutzt werden kleine runde, aus Flechtwerk bestehende Boote, die mittels einer speziellen Rudertechnik fast geräuschlos (man klopft aber aus für uns nicht ganz nachvollziehbaren Gründen beständig auf den Bootsrand) fortbewegt werden. Teilweise werden auch lange Netze von Land aus ausgelegt, eine Tätigkeit, die ganze Familien zu beschäftigen scheint. Die Ausbeute ist jeweils beschämend gering, meist ein Eimer voll kleiner Sardinen, die hier zu der berühmten vietnamesischen Fischsoße Nuoc Mam verarbeitet werden. Die „Fischereiromantik“, die für die Leute zugegebenermaßen knochenharte Arbeit ist, hat jedoch ihr Ende, wenn nachts zwischen ein und vier Uhr die größeren Fischerboote aus der nahe gelegenen Hafenstadt Phan Thiet auf´s Meer heraus knattern und – so scheint es uns – unmittelbar vor unserem Bungalow  auf und ab kreuzen. Und so haben wir wieder eine Lektion für das Reisen in Asien aufgefrischt : ebenso wie man sich im Restaurant möglichst nicht in die erste Reihe an der Straße setzt, es sei denn man kommt nicht zum Essen sondern auf einen Plausch mit Händlern, Bettlern, TukTuk-Fahrern und sonstigen Gewerbetreibenden, sollte man auch an Stränden und Flussläufen nie die erste Reihe für seine Unterkunft wählen. Dringend zu vermeiden sind auch die in Asien unglaublich beliebten Karaokebars, die überall wie Pilze aus dem Boden sprießen. Ein Glück nur, dass die Abendvergnügungen hier recht früh enden. Um 23:00 Uhr ist in der Regel Schluss damit, denn irgendwann müssen die Leute, die zwischen 5.00 und 6.00 Uhr morgens alle wieder auf den Beinen sind, ja schließlich auch mal schlafen.

 

Insgesamt ist Mui Ne nach den anstrengenden Tagen in Can Tho und Saigon aber ganz erholsam. Trotz des hier weniger schönen Strandes sind wir ganz froh, am Rande des weiter südwärts recht trubeligen Badeortes, der zur Zeit noch als das Strandparadies Vietnams gilt, dem aber über kurz oder lang die in Entwicklung begriffene Insel Phu Quoc an der kambodschanischen Grenze den Rang ablaufen wird, untergekommen zu sein. Hier sind die Restaurants noch authentisch und haben auch preislich noch nicht abgehoben. Für 6-7 Euro (incl. Getränke) essen wir uns hier allabendlich durch mehrere vietnamesische Gerichte hindurch und sind jedes Mal auf´s Neue begeistert von der hiesigen Küche. Ein Bedürfnis nach westlicher Kost ist bisher noch nicht aufgekommen. Wünschenswert wäre allenfalls noch ein wenig mehr Mobilität. Vietnam versucht leider zum Vorteil des einheimischen Taxi- und Motofahrer-Gewerbes das gleichwohl überall offerierte Anmieten von Motorrädern dadurch zu unterbinden, dass man Ausländer mit saftigen Strafen belegt, wenn sie nicht im Besitze eines vietnamesischen Führerscheins sind. Die Bearbeitungszeit für den Erhalt eines solchen dauert aber zwei Monate, ist für den normalen Touristen also nicht machbar. Internationale Führerscheine werden dem Vernehmen nach nicht oder jedenfalls nicht überall akzeptiert. Einerseits schützt diese Praxis zwar viele ungeübte Urlauber vor Unfällen, für uns ist es jedoch ein wenig ärgerlich, denn mit den öffentlichen Bussen kommt man nicht überall hin, bei organisierten Touren herrscht eine ziemliche Abzocke und Fahrradfahren macht bei dem schwülwarmen Klima und mit den teils schlecht ausgestatteten Rädern auch nicht immer die wahre Freude.


Montag, 22.12.2008


Nach sieben Tagen Strandleben in Mui Ne war es Zeit weiter zu ziehen. In einer 6-stündigen Bustour ging es mit dem sog. Sleeper, einer eigenwilligen asiatischen Buskreation, in der man in Dreierreihen in einer Art Schlafkoje liegt, nach Nha Trang. Da wir tagsüber unterwegs waren, wäre ich lieber in einem Bus mit normalen Sitzen gereist, um die reizvolle Dünenlandschaft, die sattgrünen Reisfelder und die abwechselungsreiche Küste  zu betrachten, aber die Sitzkonstruktion des Busses entpuppte sich als wesentlich bequemer, als es zunächst den Anschein hat.

 

Wir hatten Nha Trang von unserer ersten Vietnamreise in nicht besonders guter Erinnerung, was daran liegen mag, dass es damals fast durchgehend regnete (was - wie wir nun wissen - daran lag, dass in diesem Küstenabschnitt im Dezember Regenzeit ist). Außerdem war die Hotelsituation mies. Zunächst hatten wir uns in einem alten Kolonialhotel einquartiert, in dem riesige, dunkle Zimmer mit schlechten Sanitäranlagen auf die durch den Regen ohnehin gebeutelte Stimmungslage drückten. Dann zogen wir in ein sog. Minihotel um, bei dem zwischen Fensterrahmen und Mauerwerk cm-dicke Spalte klafften, so dass wir immer regen Anteil am Straßenleben nehmen durften.

Diesmal meinten wir uns durch die Buchung eines brandneuen Mittelklasse Hotels in bester Lage gegen solche Widrigkeiten abgesichert zu haben. Es wurde leider der schlimmste Hotelaufenthalt, den wir bisher auf unserer Reise hatten. Das Hotel entpuppte sich als betonstrotzender Hochhausriese, in dem kein Stück schalldämpfender Teppichboden zu finden war und dessen einfachverglaste Fenster so schlecht verarbeitet waren, dass man sie auch  hätte weg lassen können. Vom Lärmpegel her hätten wir genau so gut auf einer der Verkehrsinseln der vierspurigen Hauptverkehrsstraße übernachten können, die vor unserem Hotel verlief. Da man sich offenbar zwischenzeitlich der Hellhörigkeit des Etablissements bewusst geworden ist, hat man nunmehr begonnen, den gefliesten Fußboden in den Gästezimmer durch schlecht verlegtes Billiglaminat zu ersetzen, was dazu führte, dass von morgens sieben bis abends sechs Uhr lautes Hämmern und der zum Entfernen der Fliesen genutzte Pressluftbohrer durchs Haus dröhnte. Pünktlich mit dem Ende des Baulärms setzte dann das laute Gejammere der gegenüber gelegenen Karaokebar ein, welches zwar Gottseidank um 21.00 Uhr endete, an den Wochenendtagen aber durch die Lifemusik der gegenüberliegenden Strandbar abgelöst wurde. Auf der Suche nach ein wenig Ruhe sind wir dreimal in dem  Hotel umgezogen, haben zur Entschuldigung diverse Früchtekörbe der Hotelleitung entgegen genommen und sind tagsüber entweder zu ausgedehnten Stadtbummeln oder zum Faulenzen an den Pool des unmittelbar am Strand gelegenen Louisiane Brewhouses  geflüchtet.

Von der uns dringend ans Herz gelegten Schnorcheltour an den vorgelagerten Inseln haben wir wegen des recht rauen Seegangs abgesehen, zumal sich diese unseren Reiseführern nach eher als Sauf- und Gröltouren vergnügungssüchtigen Partyvolks darstellen sollen.    

 

Da mich Bernhard ermahnt hat, nicht immer nur Negatives aus Vietnam zu berichten, nun also das Positive : Nha Trang (2006 ca. 315.000 Einwohner) hat sich zu einer durchaus angenehmen Mischung aus einer wohlhabenden asiatischer Großstadt und einem Badeort mit Mallorca-Flair entwickelt. Im geschäftlichen Zentrum kann man billig gute und geschmackvolle Dinge einkaufen, die Stimmung ist relaxt, im Gegensatz zu Saigon kommt man auch noch relativ gefahrlos über die Straße. Das Glanzstück Nha Trangs ist aber die über 4 Kilometer lange, breite Uferpromenade am ebenso langen, goldgelben Sandstrand. Die Restaurantszene steht der in der Travellermeile Saigons an Qualität kaum nach und man kann durchaus einige angenehme Tage in der Stadt verbringen, so das Wetter mitspielt (was es bei uns tat, denn trotz Regenzeit schien die Sonne) und man das Glück hat, ein vernünftiges ruhiges Hotel zu finden.

 

Wir sind nach vier Tagen weiter nach Norden gefahren und für einen kurzen Zwischenstopp in Quy Nhon gelandet. Könnten wir die Reise nochmals planen, hätten wir lieber drei Tage hier und lediglich zwei Tage in Nha Trang verbringen sollen. Obwohl Quy Nhon auch immerhin 260.000 Einwohner hat, wirkt es wesentlich kleinstädtischer als Nha Trang. Der Verkehr ist viel geringer, alles geht geruhsamer zu, der Tourismus spielt (noch) keine große Rolle. Mehr als 10 „Langnasen“ sind uns hier bisher noch nicht begegnet. Dabei kann Quy Nhon mit einem ähnlich schönen Stadtstrand und einer ebenfalls tollen Strandpromenade aufwarten. Abends versammeln sich die Einheimischen auf der Promenade. Es wird flaniert, Fußball und Volleyball gespielt, einige verrückte Jogger sind auch zugegen. Viele sitzen nur auf einer der vielen Bänke, schauen verträumt übers Meer und die dort aufgespannten Fischernetze und warten geruhsam auf den Sonnenuntergang. Die Stadt ist gepflegt, die Leute viel netter als in den Touristenhochburgen.

Hier haben wir ein ganz wunderbares Hotel erwischt. Von außen zwar auch der übliche Betonriese, ist es mit dicken Teppichböden, riesigen, picobello sauberen und nett eingerichteten Zimmern mit schöner Aussicht auf das Meer und die Stadt ausgestattet. Wir haben eine angenehme ruhige Nacht verbracht, ein reichhaltiges Frühstücksbuffet genossen und sind eigentlich ganz traurig, heute schon wieder abreisen zu müssen, weil wir unsere nächste Unterkunft  in Hoi An wegen der anstehenden Feiertage bereits vor Monaten vorgebucht haben. Jetzt hoffen wir, dass unsere Weiterfahrt nach Norden genauso schön wird wie unsere gestrige Anreise nach Quy Nhon, bei der wir bei schönem Wetter voll in den Genuss der landschaftlichen Attraktionen Vietnams gekommen sind (grüne Bergkegel, einsame weiße Strände, immer wieder hohe Dünen, Reisfelder und Palmenhaine so weit das Auge reicht, geschäftige kleine Dörfer, in denen alle möglichen Getreidesorten am Straßenrand zum Trocknen ausgelegt sind).  


Dienstag, 30.12.2008


Die 6-stündige Fahrt von Quy Nhon nach Hoi An haben wir wenig gemütlich auf der Hinterachse eines voll gepackten Kleinbusses verbracht. Zwei Stunden vor dem Erreichen unseres Ziels setzten Regen und Dunkelheit ein. Entgegen der Versprechungen unseres Hotels in Quy Nhon, das für uns die Bustickets buchte, fuhr der Bus auch nicht über Hoi An, sondern setzte uns an der Hauptstraße nach Danang etwa 10 Kilometer von unserem Ziel entfernt ab. Da standen wir nun einsam mit unserem Gepäck im Regen und von einem Taxi war weit und breit nichts zu sehen. Ein findiger Motofahrer führte uns schließlich zu einem Kleinbusbesitzer, der uns für einen hoffnungslos überteuerten Preis weiter nach  Hoi An kutschierte, wo wir natürlich viel zu spät und ziemlich abgenervt zu unserer Essensverabredung mit Tanja und Ian, einem schwedisch-englischen Paar, das wir in Kambodscha kennen gelernt haben, kamen. Dafür war das Essen in dem von den beiden ausgewählten Restaurant wieder einmal ein Highlight, das über Fahrstress und schlechtes Wetter fast hinwegtröstete.

 

Hoi An, das bei unserem ersten Besuch im Jahre 1995 noch ein Ziel für Rucksacktouristen war und etwas verschmuddelt, aber mit viel Atmosphäre daherkam, hat sich völlig verändert. Wegen der vielen historischen Gebäude des Ortes, der bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts unter dem Namen Faifo einer der wichtigsten Häfen Südostasiens mit vielen chinesischen und japanischen Handelsniederlassungen war, hat die Stadt zwischenzeitlich den Status eines Weltkulturerbes erreicht. Die UNESCO hat eine Menge Geld in die Restaurierung der alten Häuser gesteckt, von denen viele zu Souvenirshops, Schneiderläden und Restaurants umfunktioniert und dabei leider durch unschöne Reklametafeln verunstaltet wurden. Der Ort lebt vom westlichen Tourismus, denn die Vietnamesen selbst haben mit der Besichtigung von alten Häusern nicht viel am Hut. Sie strömen lediglich in die Stadt um Geschäfte zu machen und der Konkurrenzdruck unter den Händlern, Schneidern, Cyclofahrern usw. ist unendlich groß. Leider ist uns bisher nirgendwo in Vietnam eine schlimmere Anmache und Abzocke untergekommen als in Hoi An (Schlimmeres soll uns dem Vernehmen nach aber  noch in Hanoi bevorstehen). Bei annähernd jeder geschäftlichen Transaktion – sei es in der Wäscherei, sei es beim Keksekaufen – versuchte man uns übers Ohr zu hauen. Das alles tat in finanzieller Hinsicht nicht weh, es ärgert einen aber trotzdem.

 

Gleichwohl ist Hoi An nach wie vor ein El Dorado für Hobbyfotografen. Es finden sich noch viele romantische Motive von Häusern, Pagoden und engen Gassen, die die alten Zeiten Faifos auferstehen lassen. Die an einem breiten Flusslauf gelegene Stadt ist umgeben von Reisfeldern und Lagunen. 5 Kilometer entfernt liegt ein schöner Strand, der sich quasi bis zum berühmten Chinabeach in Danang fortsetzt, im Moment aber auch voll in der touristischen Entwicklung mit entsprechender Bautätigkeit begriffen ist. Wir fragen uns insofern allerdings, ob man hier nicht kräftig am Bedarf vorbeiplant, denn der Ort und die Landschaft sind zwar reizvoll, liegen aber in einer der regenreichsten Gebiete Vietnams. Wir jedenfalls haben die Gegend nun zum zweiten Mal fast nur im Regen gesehen, was uns nachhaltig die Lust zu einem an sich geplanten längeren Aufenthalt nahm.

 

Daran konnten auch die Ruinen von My Son, einer Tempelstadt der Champas (4. bis 13. Jh.) nichts ändern, denn auch diese konnten wir nur im Nieselregen besichtigen. Der überall aufsteigende Wasserdampf gab dem einst (will heißen vor den Bombenangriffen der Amis und dem ausgiebigen Einsatz von Agent Orange) im Dschungel gelegenen Ort zwar etwas Mystisches, das Herumwandern auf schlammbedeckten Pfaden war jedoch nur für begrenzte Zeit vergnüglich. Außerdem verblasst die Anlage natürlich hinter der Größe und dem viel besseren Erhaltungszustand der Khmertempel von Angkor.

 

Nach 6-tägigem Warten auf besseres Wetter haben wir unsere Zelte in Hoi An abgebrochen und sind mit dem Bus nach Hue  weitergefahren. Unterwegs stand eine Besichtigung der Marmorberge bei Danang, mit ihren Grotten und Pagoden, die dem Viet Cong während des Vietnamkrieges als Versteck dienten und heute als eine Mischung zwischen Geisterbahn und Disneyworld ausgestattet sind, auf dem Programm. Den berühmten Wolkenpass, der das tropische Südvietnam vom subtropischen Nordvietnam trennt, haben wir auf unserer Fahrt zwar nicht überquert, weil der Gebirgszug zwischenzeitlich untertunnelt ist. Beeindruckende Wolkengebilde waren aber auch von unten zu sehen und haben uns letztlich bis nach Hue begleitet. Hue ist die Kaiserstadt der Nguyen-Dynastie (1802 – 1945) und gilt als eine der regenreichsten Städte Vietnams. Zur Zeit macht sie diesem Ruf alle Ehre. Nachdem uns am Ankunftstag noch ein leichter, aber beständiger Nieselregen empfangen hat, schüttet es nun seit zwei Tagen unentwegt.

Die Zitadelle, die die alte Kaiserstadt und die in ihr gelegene Verbotene Stadt, welche nur dem Kaiser und seinen Frauen vorbehalten war, umgrenzt, mussten wir aus einer Art „Unterwasserperspektive“ besichtigen. Leider haben die Franzosen und die Amerikaner viele Gebäude der gleichfalls als Weltkulturerbe geltenden Anlage komplett zerstört und der Wiederaufbau schreitet nur langsam voran. Die wieder hergerichteten, eindeutig chinesisch inspirierten Paläste und Tempel sind allerdings beeindruckend. Die heute eigentlich auf unserem Programm stehende Besichtigung der außerhalb Hues liegenden Kaisergräber ersparen wir uns aber, denn das Wetter ist gar zu garstig. Anstelle des Herumlaufens mit nassen Klamotten gönnen wir uns heute Nachmittag vielleicht lieber einen Saunabesuch und eine schöne Massage. Morgen geht es mit dem Flieger nach Hanoi, von wo aus wir die berühmte Halong Bay besichtigen wollen. Hanoi liegt in einer anderen Klimazone. Eigentlich sollte es dort jetzt kühl (tagsüber so um die 20 Grad) und trocken sein, nach Berichten entnervter Touristen hat es aber auch da in den letzten Tagen geregnet und leider ist weiterer Regen angesagt. Aber wir sind ja auf Reisen und nicht im Erholungsurlaub und müssen daher auch mal schlechtes Wetter hinnehmen. Am 4. Januar 2009 verlassen wir Vietnam und fliegen weiter in die hoffentlich trockene Hauptstadt von Laos, Vientiane. 


Donnerstag, 08.01.2009

 

In Hanoi sind wir am 31. Dezember 2008 angekommen und es hat Gott sei Dank nicht geregnet. Dafür lag unser sorgsam ausgewähltes, als besonders ruhig beschriebenes Hotel in der Altstadt Hanois direkt neben einer Baustelle, in der fleißig mit dem Presslufthammer gewerkelt wurde. Als am nächsten Tag noch eine zweite Baustelle hinter unserer Unterkunft aufmachte, haben wir das Handtuch geworfen und das Hotel gewechselt. Wir sind zwar nicht vom Regen in die Traufe gekommen, besser war das zweite, uns als ganz besonders ruhig anempfohlene Hotel aber auch nicht, nur um einiges teurer. Abends um 22.00 Uhr begann man mit einer Planierraupe die gegenüberliegende Grundstückseinfahrt zu bearbeiten. Ansonsten hatte die Unterkunft ein dickes Feuchtigkeitsproblem. Morgens lief das Wasser die Fenster runter, obwohl es draußen nicht feucht war.

 

Der Verkehr in Hanoi und das damit untrennbar verbundene, fortwährende Hupkonzert ist kaum geringer als in Saigon, man kommt vielleicht ein bisschen besser über die Straßen, weil diese in der Hanoier Altstadt enger sind und sich der Verkehr daher ständig staut. Entsprechend schlecht ist die Luft. Wir leiden beide heute noch an einer leichten Bindehautentzündung und Ich habe erstmals mit dem Gedanken gespielt, mir einen Atemschutz zuzulegen, wie ihn die meisten Vietnamesinnen Tag und Nacht tragen, was einem zunächst den Eindruck vermittelt, man sei in einem Seuchengebiet gelandet.

 

Ansonsten haben wir Sylvester unspektakulär begangen. In Vietnam sind – wohl aus gutem Grund - Sylvesterknaller und Feuerwerk verboten. Statt dessen stiegen vom dem zentral in der Altstadt Hanois gelegenen Huan Kiem See Hunderte erleuchtete Lampions in den Himmel bzw. schwammen im Wasser, was recht hübsch anzusehen war. Ein frisch angekommenes, noch unter Kulturschock stehendes französisches Paar freute sich, mit uns den mühsam ergatterten Sekt zu teilen und um 1.00 Uhr war das Sylvesterfest vorüber.

 

Am 2. Januar 2009 ging es auf unseren Trip durch die 140 km von Hanoi entfernt liegende Halong Bucht. Charakteristisch für die Bucht sind tausende, aus dem Wasser aufsteigende Karstkegel, die sich in allen Grüntönen vor dem immer etwas dunstigen Horizont abzeichnen. Diesmal hatten wir Glück mit dem Wetter und auch mit unseren Tourbegleitern : ein kanadisches Paar aus Quebec, zwei französisch-schweizerische Paare, ein englisches und ein vietnamesisches Paar, alle sehr nett und kommunikativ. Übernachtet wurde auf einer recht luxuriös ausgebauten Dschunke in der Bucht, wo wir auch mit reichhaltigem und leckerem Essen versorgt wurden. Diese Tour war sicher das Highlight unseres Vietnamaufenthaltes, den wir ansonsten – nicht nur wegen des teils schlechten Wetters, sondern auch wegen der allgegenwärtigen Menschenmassen und Lärmkulissen -  als eher stressig und nervenaufreibend empfunden haben.